Die PARTEI gründet rein weiblichen Ortsverband – ein Novum in Brandenburg

In Dallgow-Döberitz haben sich drei an Politik interessierte Frauen zusammengetan, um Lokalpolitik auf humorvolle Weise den Einwohnern näher zu bringen

Dallgow-Döberitz. Es ist der 8. März – der Internationale Frauentag. An diesem Tag treffen sich sechs Dallgowerinnen und ein Falkenseer Mann in einem Garten des Orts. Ihr Vorhaben: Den ersten Ortsverband der Partei „Die PARTEI“ im Landkreis Havelland gründen, der zugleich – vorerst – der erste rein weibliche in Brandenburg ist. Drei der anwesenden Frauen sind Mitglied der PARTEI: Andrea Lampe, Selina Lampe und Vivien Tharun. Die anderen Frauen sind ihre selbsternannte „Fanbase“, die sich zu gegebenem Zeitpunkt zu erkennen geben wird.

Der Vorstand des Ortsverbands: Schatzmeisterin Vivien Tharun (von links), Vorsitzende Andrea Lampe, Stellvertreterin Selina Lampe und die Schatten der famosen Fanbase. Foto: Lars Krause

Der Mann ist Kreistagsmitglied Lars Krause, der den Landesverband Brandenburg und den Kreisverband Havelland gegründet hat.

Krause leitet die Gründungsversammlung: „Mit Frauen is’ knapp bei uns“, sagt Krause über den Zustand in der PARTEI. Das läge zum Teil daran, dass Frauen die Verbindung von Humor und sinnvoller Politik kritisch sehen, sagt Krause weiter. Zum anderen müssten Frauen gerade in der Kommunalpolitik deutlich mehr Beleidigungen aushalten als ihre männlichen Kollegen.

Dem sehen die drei Dallgowerinnen gelassen entgegen. In den drei geheimen Wahlgängen wird Andrea Lampe zur Vorsitzenden, Selina Lampe zur Stellvertreterin und Vivien Tharun zur Schatzmeisterin gewählt. Jeweils mit 100 Prozent der Stimmen. Alle Drei nehmen die Wahl an.

Die frisch ernannte Ortsverbandsvorsitzende Andrea Lampe ist motiviert und sagt humorvoll: „Ich habe bereits viele Ideen zu kommunalen Themen. Eine Machtübernahme der Dallgower Politik ist nicht auszuschließen.“ Lampe ist in der Gemeinde vielen Einwohnern als Vorsitzende der Elternvertretung der Grundschule bekannt.
Ihre Stellvertreterin ist Tochter Selina Lampe: „Ich trete als jüngstes Vorstandsmitglied für die PARTEI an. Meine politischen Ambitionen beginnen in Dallgow und enden weltweit“, sagt sie lachend.

Vivien Tharun ist wie Lars Krause seit 2019 Mitglied des Kreistags Havelland und kandidierte im Jahr 2020 in Dallgow für das Amt der Bürgermeisterin. Seit 15 Jahren ist sie Mitglied der Partei „Die PARTEI“ und traut sich zu, „die Finanzen des Ortsverbands in Höhe von null Euro verlässlich zu verwalten“.

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Grundschule soll sowohl den Musik- als auch den Experimentierraum für Bibliothek räumen

Im Sozialausschuss und im Lehrergespräch stellte der Bürgermeister dar, warum die Bücherei umziehen muss.
Lehrer und Elternvertreter äußern Bedenken über den Raumverlust

Dallgow-Döberitz. Wer die Grundschule am Wasserturm in Dallgow im Internet sucht, stößt unter anderem auf einen Wikipedia-Artikel. Demnach ist sie die größte Grundschule im Land Brandenburg.
Und wo viele Schüler sind, gibt es eines wenig: Platz. Lehrerschaft und Elternvertreter fürchten, dass dieser in Zukunft noch knapper werden könnte. Aber warum?

Begonnen hat alles im Frühling. Damals wurde nicht nur das Wetter wärmer, sondern auch in der Gerüchteküche begann zu köcheln. Demnach sollte der Kunstraum im Würfelbau am Verkehrskreisel wegfallen und dort die Bibliothek einziehen. Für Eltern und Lehrer eine unverständliche Geschichte. Klarheit sollte die Bürgerfragestunde im Sozialausschuss bringen.

Mit den Bedenken konfrontiert antwortete damals, am 9. Mai dieses Jahres, der Bürgermeister, der Kunstraum der Grundschule sei als neuer Raum für die Bibliothek „vom Tisch“. Das war insofern richtig, als dass der Boden des Kunstraums statisch dafür nicht ausgelegt ist, derartig viele Bücherregale zu tragen – er liegt im ersten Stock des Gebäudes.

In das Erdgeschoss des Kunst- und Musikgebäudes der Grundschule am Wasserturm soll die Bibliothek einziehen. Elternvertreter sehen das kritisch.

Jetzt ist die Situation wieder angespannt, denn in Betracht gezogen wird, einfach die Bibliothek ins Erdgeschoss des Würfels zu setzen – was auf dasselbe Raumproblem für die Schule hinausläuft.

Um die Position der Gemeinde darzulegen, zeigte der Bürgermeister am 3. November im Sozialausschuss und am 15. November vor den Lehrern und zwei Gemeindevertretern (Brigitte Block und Sascha Labenski von den Freien Wählern) eine Präsentation. Laut ihm gebe es derzeit keine anderen Räume oder Gebäude in Dallgow, in die die Bibliothek einziehen könnte. Die Bibliothek platze aus allen Nähten – sie verfügt mittlerweile über 13.000 Medien. Zudem seien weder der Zugang an der Treppe noch die Räume selbst barrierefrei, was auf Dauer nicht funktioniere.

Zur Präsentation am Montag, 15. November, waren alle Gemeindevertreter geladen. Dass nur zwei davon kamen, lag unter anderem daran, dass die Einladung erst am Freitag zuvor bei ihnen ankam und der montägliche Termin bereits um 14 Uhr stattfand. Für Angestellte in Vollzeit war das also so, wie derzeit von Seeburg nach Potsdam zu fahren: sehr ungünstig.


Wir unterbrechen diesen Artikel für eine Stellungnahme der Autorin

Eine Bibliothek ist wie das Eis vom Eismann etwas Schönes. Allerdings hat die Dallgower Bücherei zwei Probleme: bescheidene Öffnungszeiten und zu wenig Personal. Diese Faktoren führen in Bezug auf einen geplanten Einzug ins Schulgebäude dann zu einem weiteren Problem – und zwar dem der Verhältnismäßigkeit. Das Würfelgebäude wird ständig von den Schülern der Schule genutzt. Die Bibliothek würde es durch den Einzug dauerhaft belegen und dann aber lediglich drei Tage die Woche geöffnet haben.
Mir fehlt auch von vornherein Transparenz zu den Nutzerzahlen: Öffentlich zugänglich im Netz lässt sich dazu gerade einmal finden, dass 2015 der 1.000 Bibliotheksausweis ausgestellt wurde. Aber nicht, wie viele Ausweise davon regelmäßig verlängert oder welche Inhaber vielleicht gar nicht mehr in Dallgow – oder überhaupt – leben.
Im Vergleich ist da die vereinsbasiert organisierte Bibliothek in Schönwalde-Glien deutlich besser: Sie veröffentlicht jährlich durch die Presse Nutzer- und Entleihzahlen. Ein gutes Vorbild.
Die Dallgower Schule wäre mit dem Einzug der Bücherei Opfer einer schlechten Planung. Seit Jahren steigt die Einwohnerzahl. Warum wurde das neue Rathaus nicht gleich so groß geplant, dass die Bibliothek dort hätte rein können? Sie ist ja nicht erst seit gestern beengt und nicht barrierefrei.
Da auf Eltern-, Lehrer- und Gemeindeseite viele Fragen nicht geklärt sind, sollte der Bürgermeister zu einem öffentlichen Gesprächstermin für alle Interessierten laden. Die Gemeinde kann es dann machen wie die Scheiben am Rathaus: Mit Transparenz glänzen.

Und nun zurück zum Text


Am Montag hatte auch die Lehrerschaft die Möglichkeit, ihre Bedenken zu äußern. Eine Lehrerin zeigte sich enttäuscht darüber, dass sowohl der Musik- als auch der Experimentierraum gestrichen würden. Die von der Gemeinde vorgeschlagenen Alternativen zu den Raumverlusten sind nämlich wie folgt:

Musikunterricht soll in den Klassen stattfinden und der Bewegungsteil des Unterrichts könne laut Gemeinde im Glasflur zwischen dem Schulneubau und dem anderen Klassengebäude an der Steinschneiderstraße abgehalten werden. „Weder für die Lehrer noch für uns ist der Glasflur ein angemessener Vorschlag“, sagt Elternvertreterin Andrea Lampe. Der Bürgermeister sagte im persönlichen Gespräch, dass der Flur aus Sicht des Architekten für Musik geeignet sei und keine Nachteile berge.

Die Elternvertreter haben die Sorge, dass anstatt in ein positives Bildungserlebnis für die Schüler, auf Kosten der Kinder gespart würde. Der Bürgermeister versichert, dass er nicht ohne Zustimmung von Schule und Hort die Bibliothek ins Würfelgebäude einziehen lasse, ihm sei aber Zustimmung von beiden Parteien signalisiert worden. Langfristig sei geplant, den Schulstandort an der Steinschneiderstraße zu einer eigenständigen Schule zu machen. Dann würde sich die Raumsituation wieder deutlich verbessern, weil sich die Hortbetreuung ändert. Derzeit sei die Auslastung aber auch entspannt, da der Komplex für 450 Schüler ausgelegt sei, aber nur 350 Schüler derzeit diesen Standort besuchten. Die Schule sieht das anders. Die Räume sind derzeit alle, bis auf einen, belegt.

Wann der Standort zu einer unabhängigen Schule umgebaut und umgeschrieben wird ist ebenfalls nicht klar. Die Bauarbeiten zu einer geplanten neuen Turnhalle dafür haben noch nicht begonnen.

Warum die Bücherei umziehen soll, steht in diesem Artikel vom Juni 2021: Wohin mit den Büchern?

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Das Babylon Kino zeigt die Dokumentation „Verlorene Sterne“

Regisseur Abdolreza Kohanrouz hat Houman Mirrafatis Autobiografie verfilmt. Mirrafati war jahrelang in irakischer Kriegsgefangenschaft

Berlin. In Falkensee kennen die Menschen Houman Mirrafati durch sein Engagement bei der Initiative „Willkommen in Falkensee“ und für den atheistisch-agnostischen Verein „Pro Urknall“. Mirrafati kann Menschen mit Problemen zuhören und wenn einmal ein Gegenstand kaputt geht, dann kann der Tischlermeister helfen, ihn zu reparieren.

Houman Mirrafati stellt in Schaukästen Dinge aus, die er in der Gefangenschaft hergestellt oder gebraucht hat. Foto: Vivien Tharun

Viele wissen aber nicht, wieso Mirrafati nach Berlin zog und warum ihm „Willkommen in Falkensee“ so wichtig ist. Er selbst musste aus Angst vor einer Steinigung seine Heimat, den Iran, 1992 verlassen. Zuvor saß er von 1985 bis 1990 in irakischer Kriegsgefangenschaft. Traumatisiert floh er nach Deutschland und ging in Berlin 1992 in eine Therapie für Folteropfer. „Es war mein Arzt, der mir riet, alles aufzuschreiben, was mir passiert ist“, sagt Mirrafati. Als eine Art Schreibtherapie. „Und dann fing ich mit der Schreibarbeit an. Zuerst für nur mich.“ Doch schließlich fand er, dass es vielleicht gut sei, wenn auch andere von seinem Schicksal erfahren würden.

„Es entstand nach und nach das Buch, so wie es jetzt ist.“ Er schreibt darin, wie er als junger Mann nach Schulabschluss und Ausbildung zum Militärdienst antreten musste und wie dieser Dienst in den Krieg zwischen Iran und Irak überging. Viele in seiner Truppe starben. Er und ein paar andere ergaben sich den gegnerischen Irakern, als sie keinen Ausweg mehr sahen. Da war Houman Mirrafati gerade einmal 23 Jahre alt.

Fünf Jahre lang erlebte er Folter und hungerte oft. Sein Körper litt und Mirrafati kam zu dem Schluss: „Wenn die Welt so schlimm ist, kann es keinen Gott geben.“ Doch als Atheist wird das Leben im Iran schwer. „Nach meiner Gefangenschaft musste ich regelmäßig zu Verhören.“ Als herauskam, dass er nicht an Gott glaubt, kam der nächste Schicksalsschlag: „Von einem Freund erfuhr ich, dass ich eine Steinigung zu befürchten habe.“ Und er machte sich auf die Flucht. „Ich wollte meiner Familie nicht antun, meinen Tod erleben zu müssen.“

Er überlegte, zu Verwandten nach Schweden zu gehen, doch ein wirkliches Ziel, außer den Iran zu verlassen, hatte er nicht. Er kam in Polen an und der Zufall wollte es, dass er von dort nach Berlin mitgenommen wurde. „Ich habe einen Sprachkurs nach dem anderen belegt, damit ich arbeiten und hierbleiben konnte“, sagt Mirrafati. Das klappte. Er holte die Gesellenprüfung zum Tischler nach und machte anschließend den Meistertitel.

Seine niedergeschriebenen Erlebnisse wurden erstmals 1994 in Eisenach vorgelesen. In den folgenden Jahren schrieb und sprach er immer wieder über sein Leben und landete letztlich bei dem persischen Ableger der BBC in London, wo er ein Interview gab. Durch diesen Interviewtermin in England ergab sich, dass der iranische Regisseur Abdolreza Kohanrouz, der ebenfalls im Exil lebt, von Mirrafati erfuhr. „Sein Bruder war ein Bekannter von mir und stellte den Kontakt her“, sagt Mirrafati. Kohanrouz begann 2016 das Drehbuch zu schreiben und die Filmeinstellungen zu planen.

Er kam mit einem Kameramann nach Berlin, um mit dem Drehen zu beginnen. In einer alten Kaserne in Schönwalde-Glien musste Houman Mirrafati Erlebnisse nachspielen und nacherzählen. „Ich dachte erst, das würde schwer für mich, weil ich kein Schauspieler bin. Aber es wurde schwer, weil alles Erlebte wieder hoch kam.“ Nach drei Tagen Dreh dachte Mirrafati erst, er schaffe weitere Aufnahmen nicht. „Ich wollte schon alle aus meinem Haus schmeißen.“ Doch der Wunsch, der Welt zu zeigen, wie schlimm die Folgen des Kriegs sind, überwog.

Der Film wurde fertig und kommt jetzt ins Kino. „Verlorene Sterne“ wird am 14. September, 20 Uhr, im Babylon gezeigt. Es gibt noch einige Restkarten unter:
Babylon Kino

Und wer es nicht ins Kino schafft, kann die Geschichte auch lesen oder anhören.
Das Hörbuch stellt die Initiative „Willkommen in Falkensee“ kostenlos auf ihrer Homepage zur Verfüngung: Willkommen in Falkensee
Das Buch gibt es als Amazon-Bestellung