Das Babylon Kino zeigt die Dokumentation „Verlorene Sterne“

Regisseur Abdolreza Kohanrouz hat Houman Mirrafatis Autobiografie verfilmt. Mirrafati war jahrelang in irakischer Kriegsgefangenschaft

Berlin. In Falkensee kennen die Menschen Houman Mirrafati durch sein Engagement bei der Initiative „Willkommen in Falkensee“ und für den atheistisch-agnostischen Verein „Pro Urknall“. Mirrafati kann Menschen mit Problemen zuhören und wenn einmal ein Gegenstand kaputt geht, dann kann der Tischlermeister helfen, ihn zu reparieren.

Houman Mirrafati stellt in Schaukästen Dinge aus, die er in der Gefangenschaft hergestellt oder gebraucht hat. Foto: Vivien Tharun

Viele wissen aber nicht, wieso Mirrafati nach Berlin zog und warum ihm „Willkommen in Falkensee“ so wichtig ist. Er selbst musste aus Angst vor einer Steinigung seine Heimat, den Iran, 1992 verlassen. Zuvor saß er von 1985 bis 1990 in irakischer Kriegsgefangenschaft. Traumatisiert floh er nach Deutschland und ging in Berlin 1992 in eine Therapie für Folteropfer. „Es war mein Arzt, der mir riet, alles aufzuschreiben, was mir passiert ist“, sagt Mirrafati. Als eine Art Schreibtherapie. „Und dann fing ich mit der Schreibarbeit an. Zuerst für nur mich.“ Doch schließlich fand er, dass es vielleicht gut sei, wenn auch andere von seinem Schicksal erfahren würden.

„Es entstand nach und nach das Buch, so wie es jetzt ist.“ Er schreibt darin, wie er als junger Mann nach Schulabschluss und Ausbildung zum Militärdienst antreten musste und wie dieser Dienst in den Krieg zwischen Iran und Irak überging. Viele in seiner Truppe starben. Er und ein paar andere ergaben sich den gegnerischen Irakern, als sie keinen Ausweg mehr sahen. Da war Houman Mirrafati gerade einmal 23 Jahre alt.

Fünf Jahre lang erlebte er Folter und hungerte oft. Sein Körper litt und Mirrafati kam zu dem Schluss: „Wenn die Welt so schlimm ist, kann es keinen Gott geben.“ Doch als Atheist wird das Leben im Iran schwer. „Nach meiner Gefangenschaft musste ich regelmäßig zu Verhören.“ Als herauskam, dass er nicht an Gott glaubt, kam der nächste Schicksalsschlag: „Von einem Freund erfuhr ich, dass ich eine Steinigung zu befürchten habe.“ Und er machte sich auf die Flucht. „Ich wollte meiner Familie nicht antun, meinen Tod erleben zu müssen.“

Er überlegte, zu Verwandten nach Schweden zu gehen, doch ein wirkliches Ziel, außer den Iran zu verlassen, hatte er nicht. Er kam in Polen an und der Zufall wollte es, dass er von dort nach Berlin mitgenommen wurde. „Ich habe einen Sprachkurs nach dem anderen belegt, damit ich arbeiten und hierbleiben konnte“, sagt Mirrafati. Das klappte. Er holte die Gesellenprüfung zum Tischler nach und machte anschließend den Meistertitel.

Seine niedergeschriebenen Erlebnisse wurden erstmals 1994 in Eisenach vorgelesen. In den folgenden Jahren schrieb und sprach er immer wieder über sein Leben und landete letztlich bei dem persischen Ableger der BBC in London, wo er ein Interview gab. Durch diesen Interviewtermin in England ergab sich, dass der iranische Regisseur Abdolreza Kohanrouz, der ebenfalls im Exil lebt, von Mirrafati erfuhr. „Sein Bruder war ein Bekannter von mir und stellte den Kontakt her“, sagt Mirrafati. Kohanrouz begann 2016 das Drehbuch zu schreiben und die Filmeinstellungen zu planen.

Er kam mit einem Kameramann nach Berlin, um mit dem Drehen zu beginnen. In einer alten Kaserne in Schönwalde-Glien musste Houman Mirrafati Erlebnisse nachspielen und nacherzählen. „Ich dachte erst, das würde schwer für mich, weil ich kein Schauspieler bin. Aber es wurde schwer, weil alles Erlebte wieder hoch kam.“ Nach drei Tagen Dreh dachte Mirrafati erst, er schaffe weitere Aufnahmen nicht. „Ich wollte schon alle aus meinem Haus schmeißen.“ Doch der Wunsch, der Welt zu zeigen, wie schlimm die Folgen des Kriegs sind, überwog.

Der Film wurde fertig und kommt jetzt ins Kino. „Verlorene Sterne“ wird am 14. September, 20 Uhr, im Babylon gezeigt. Es gibt noch einige Restkarten unter:
Babylon Kino

Und wer es nicht ins Kino schafft, kann die Geschichte auch lesen oder anhören.
Das Hörbuch stellt die Initiative „Willkommen in Falkensee“ kostenlos auf ihrer Homepage zur Verfüngung: Willkommen in Falkensee
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