Interview: Politiker Raimond Heydt hat einen Verein gegründet, durch den die Demokratie gestärkt werden soll. Die Idee ist alt, doch die Vorgehensweise brandneu.
Wortgeschacher: Herr Heydt, was hat Sie dazu bewegt, einen Verein zu gründen und dazu noch einen, mit so langem Namen?
Raimond Heydt: Aus meiner Sicht gehen die Wahlvorschläge am Wähler vorbei. Die Menschen fühlen sich nicht repräsentiert. Der „Verein zur Förderung der Teilhabe an Wahlen e.V.“ soll, wie der Name schon sagt, die Teilhabe an Wahlen fördern. Wir wollen mehr Bewerber auf die Stimmzettel bringen und so die Wahlmöglichkeiten vergrößern.
Haben Sie da ein konkretes Beispiel?
Heydt: Zum Beispiel durch eine Aufwandsentschädigung.
Wie bitte?
Heydt: Sie hören richtig. Wir zahlen eine Aufwandsentschädigung in Höhe von fünf Euro für jede Unterstützerunterschrift, die Wahlberechtigte für eine Partei leisten. Egal für welche Partei.
Was für Unterschriften? Worum geht es eigentlich?
Heydt: Einzelbewerber oder Parteien, die bislang noch nicht vertreten sind, müssen je nach örtlichen Vorgaben eine bestimmte Anzahl offizieller Unterstützerunterschriften zusammenbekommen, um später auf dem Wahlzettel zu stehen. Dafür gibt es Fristen und gelegentlich auch absurde Vorschriften.
Welche Vorschriften?
Heydt: Nun, diese Unterschriften werden zum Beispiel bei den Kommunalwahlen normalerweise in einem Gebäude der Wahlbehörde unter Aufsicht und Vorlage eines Ausweises geleistet und beglaubigt. Hingegen bei Europa-, Bundestags- oder Landtagswahlen kann jede Partei einfach auf der Straße unterschreiben lassen. Die Unterstützerunterschriften werden dann erst später auf dem Amt mit dem Wählerverzeichnis abgeglichen. Eine Beglaubigung ist hier nicht nötig.
Das heißt, für den Kreistag Havelland ist die Hürde, einer Partei auf den Wahlzettel zu helfen, höher als für den Bundestag?
Heydt: Genau. Je unwichtiger die Wahl desto größer die Hürde. Etablierte Parteien versuchen so über das Wahlrecht ihre kommunalen Mandate zu schützen und zusätzliche Konkurrenz schon im Keim zu ersticken. Neue Wahlvorschläge haben lokal oft gute Chancen, weil hier, anders als bei überregionalen Wahlen, keine Fünf-Prozent-Hürde existiert. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Fünf-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen als undemokratisch und verfassungswidrig verworfen. Jetzt versucht man es halt über formale Hürden bei der Zulassung.
Und Sie zahlen dann jedem Unterstützer fünf Euro Aufwandsentschädigung, um diese Hürde zu nehmen?
Heydt: Genau.
Und das ist im Grunde alles, was Sie als Verein tun?
Heydt: Nein, wenn jemand sich selbst als Kandidat aufstellen lassen möchte, dann erklären wir gerne, wie das funktioniert. Ansonsten gibt es halt fünf Euro.
Okay… Und das ist alles rechtlich in Ordnung?
Heydt: Jup.
Woran machen Sie das fest?
Heydt: Ich habe das schon einmal gemacht. Ich wurde dann wegen Bestechung angeklagt. Das Amtsgericht in Nauen sprach mich allerdings frei — der Beleg für Bestechung fehlte, weil nicht für eine bestimmte Partei unterschrieben werden musste. Die Unterstützer hatten die freie Auswahl, wem sie auf den Wahlzettel helfen wollten.
Und durch diese freie Auswahl ist es dann legal?
Heydt: Ja.
Und die Beteiligung steigt schon durch fünf Euro? Ein Demokratie-Schnäppchen…
Heydt: Nach meiner Erfahrung, ja.
Was wird bei den 2019 anstehenden Kommunalwahlen in Brandenburg Ihre größte Herausforderung sein?
Heydt: Genügend Fünf-Euro-Scheine zu haben.
Viel Glück!
Heydt: Danke.
Das Gespräch führte Vivien Tharun in Nauen. Alle Zitate wurden von Heydt gegengelesen.
– Über den Politiker –
Raimond Heydt sitzt als Mitglied der Piratenpartei in der Stadtverordnetenversammlung in Nauen. Als Fraktionsvorsitzender Frischer Wind/PIRATEN in der SSV Nauen. Im Raum Nauen und Falkensee fällt er immer wieder durch ausgefallene politische Aktionen auf.
Seinen Blog findet ihr unter diesem Link: transparentedemokratie.de
Das Interview enthält Satire.